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Ich darf sein, wie ich will.

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Den meisten Menschen ist es nicht egal, was andere über sie denken. Zugehörigkeit ist ein Grundbedürfnis.

Ich darf sein, wie ich will, tun, was mir gut tut und verzichten auf alles, was mich unglücklich macht. Wenn mir das gelingt, habe ich erreicht, wovon die meisten Menschen träumen: Ich bin authentisch, durch und durch.

Ich staune immer wieder, wenn ich vernehme, worauf sich manche Menschen (mich eingeschlossen) einlassen, nur damit die Kirche im Dorf bleibt. Was man alles tut oder lässt, nur damit man nicht «blöd» da steht, sich womöglich zum Gespött der Leute macht oder in ein schiefes Licht gerät. Was man sich alles nicht traut aus Angst, man könnte sich blamieren oder Schiffbruch erleiden. Worauf man verzichtet, weil man denkt, das gehöre sich nicht.

«Das macht man nicht» und «Das gehört sich nicht» sind mächtige Glaubenssätze, die wir schon im zarten Kindesalter verinnerlichten. Sie halten viele Menschen davon ab, das zu tun, was ihnen eigentlich entspräche. Tugenden wie Fleiss, Pflichtbewusstsein, Bescheidenheit, Opferbereitschaft und Helfenwollen um jeden Preis sind in unserer Gesellschaft hoch angesehen – und wehe dem, der sich darüber erhebt und es wagt, erst einmal an sich zu denken.

Querschläger werden einerseits bewundert («Der traut sich das!») und gleichzeitig zur Zielscheibe von Empörung («Was fällt dem eigentlich ein!»). Sehr schnell haftet einem das Etikett «Rücksichtslos & egoistisch» an, wenn man nicht länger bereit ist, sich fremdbestimmen zu lassen oder Lasten für andere zu tragen, die einen gar nichts angehen.

Jeder Mensch ist systemisch verstrickt mit seinen Vorfahren und verhält sich unbewusst systemkonform. Man übernimmt Werte von den Eltern und macht sie zu seinen eigenen. Das ist natürlich nicht per se verkehrt, doch es führt oft dazu, dass man sich in ähnlicher Weise unfrei macht. Dazu kommt der tief empfundene Wunsch vieler Menschen nach Zugehörigkeit – zu einer Gruppe, zu Gleichaltrigen, zur Familie. Man möchte nichts tun, um diese Zugehörigkeit aufs Spiel zu setzen und womöglich verstossen zu werden.

Die Krankenschwester Bronnie Ware hat viele Sterbende begleitet. In ihrem Buch nennt sie die fünf Dinge, die Sterbende am meisten bedauern, und an erster Stelle steht: «Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben.»

Der Heilpraktiker und Tantrika Ralf Deutschmann berichtet in einem seiner Bücher von einer Seminar-Übung, die meist als «heisser Stuhl» bezeichnet wird. Dabei sitzt ein Seminarteilnehmer auf einem Stuhl und stellt sich für die anderen Teilnehmenden in den Mittelpunkt. Die anderen sagen ihm nun ganz offen, wie sie ihn sehen, welche Geheimnisse sie in ihm vermuten, welche positiven und negativen Eigenschaften sie erkannt haben wollen. Derjenige, der auf dem Stuhl sitzt, hört sich das alles an und sagt erst einmal nichts dazu. Es versteht sich von selbst, dass manch einem dabei das Nervenkostüm ganz schön flattert.

Am Ende der Übung erhält derjenige, der auf dem Stuhl sitzt, eine Tafel mit einem vorbereiteten Text, den er selbst laut vorliest. Dieser Text lautet: «Ich werde bedenken, was ihr mir gesagt habt, und ich danke euch dafür. Aber ich bin nicht auf der Welt, um so zu sein, wie ihr mich vielleicht haben möchtet.»

Und was die Freiheit betrifft: Frei ist man nicht nur, wenn man tun kann, was man will. Sondern insbesondere, wenn man nicht tun muss, was man nicht will.

Anschauen:
Willst du normal sein oder glücklich? Autor und Psychologe Robert Betz auf der Buchmesse Frankfurt 2012 (Video)


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